Wie viele Bücher hast du verkauft? Was verdient man denn da so? Kannst du davon leben? Erfolg misst sich in unserer Gesellschaft an Zahlen. Aber ist das gesund? Hier ein Versuch, das Ganze zu verstehen.
Als ich 2015 mein erstes Buch veröffentlicht habe, erreichten mich Fragen wie: "Was verdient man denn da so?" oder "Wie viel Bücher hast du denn verkauft?" In unserer Gesellschaft, wo niemand über Salär spricht – es sei denn es geht um Banker-Boni – scheint das Tabu bei künstlerischen Berufen keine Bedeutung zu haben. Und als würde man sich mit den Besten der Besten messen, will wohl jeder hören, dass man nach drei Monaten 60'000 Exemplare verkauft hat.

In der #bookstagram - Bubble auf Instagram findet jeden Sonntag der #autor_innensonntag statt, bei dem sich die Autoren-Community über ein bestimmtes Thema austauscht. "Schreiben als Hauptberuf – wie?" war ein Thema, bei dem sich die meisten Autorinnen und Autoren sehr zurückhaltend und zaghaft realistisch gezeigt haben. Realistisch in Bezug darauf, dass es überaus schwierig sei, mit dem Schreiben eine Familie zu ernähren. Tja, auch Autoren müssen Rechnungen bezahlen.
Ist es Träumen, wenn ich sage: "Schreiben als Hauptberuf – da arbeite ich dran." "Wie soll das gehen? – Warum sollte es nicht gehen?"
Betrachten wir es doch mal von einer anderen Seite: "Schreiben als Hauptberuf – das geht doch nicht."
Alles eine Frage des Mindsets, sage ich. Ich stecke meine Ziele hoch. Aber wie soll ich sie je erreichen, wenn ich mir mit meiner Einstellung selbst im Weg stehe? Negative Gedanken bremsen aus und werfen einen Schatten auf wahre Erfolge. Nämlich diejenigen, die nicht an Zahlen gemessen werden.
Denn im Umkehrschluss würde es doch bedeuten: Wer nicht genug verkauft, ist nicht gut genug. Ein Buch mit nur 3 Sterne ist schlecht. Wer nicht mindestens 1 Buch pro Jahr liefert, ist kein Autor.
Wer hier nicht sieht, dass diese Gedanken Gift sind, dem kann ich auch nicht helfen. Denn wer ein fertiges Buch zu verkaufen hat, hat bereits viel mehr vorzuweisen, als jemand, der immer nur sagt, er würde auch gern mal ein Buch schreiben. Tja, ist leider so, liebe Träumer.
Ein Buch, das man kaufen kann, ist der Beweis dafür, das sich jemand mit einem Ziel vor Augen hingesetzt hat und dieses Ziel hartnäckig verfolgt hat. Diese Person hat bereits unzählige Erfolge zu verbuchen, denn sie hat sich nicht von ihrem inneren Schweinehund ablenken lassen, hat ihre Gedanken zu Papier gebracht, hat sie geordnet und in Form geschrieben und damit etwas erschaffen, das es zuvor nicht gegeben hat. Eine solche Leistung sollte nicht durch falsche Wertungen zunichte gemacht werden.
Erfolg heute misst sich an Verkaufszahlen, Literaturpreisen, Bestsellerlisten und Zeit. Wie lange es gedauert hat, das Buch zu schreiben, interessiert wenig. Viel spannender ist es zu sehen, wie schnell sich der Erfolg eingestellt hat. (Typischer Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Plot.) Alle Autoren wissen, es ist kein Sprint, um ein Buch zu schreiben, sondern ein Marathon. (Ich kann den Satz schon längst nicht mehr hören, aber leider ist er wahr.) Was muss man also tun, um auf dem Treppchen zu landen? Braucht man einen großen Verlag, der Unmengen Werbebudget zu verschleudern hat? (Das macht den Inhalt des Buches auch nicht besser.) Oder ist es bloß Glück?
Hast du gewusst, dass die Spiegel-Bestsellerliste sich nur aus Verkaufszahlen der Buchhändler zusammenstellt? Die Bücher, die online verkauft werden, sind dort gar nicht mit eingerechnet. Und wenn man bei Amazon einen Bestseller-Sticker bekommt, heißt das, dass das Buch an mind. 1 Tag auf Platz 1 in einer bestimmten Kategorie war – ein Buch kann in bis zu sieben Kategorien gelistet werden!
Du siehst, die Autoren auf Bookstagram tun wohl gut darin, realistisch zu bleiben und nur vorsichtig zu träumen, denn die Buchbranche ist ein heißes Pflaster. Aber gerade deshalb sollten die Erfolge, die nicht mit Zahlen gemessen werden, mehr gewürdigt werden. Denn vermeintliche High-Scores sind nichts weiter als eine Illusion. Ich würde es darum in folgenden Worten zusammenfassen:
Erfolg ist, wenn man seine Ideen umsetzen und sich dadurch immer neue Ziele setzen kann.
(mcl)